Das Hamsterrad dreht sich schnell. Wer schon einmal einen Hamster beim Rennen im Rad beobachtet hat, der weiß, wie schnell es sich drehen kann. Und wer lange genug beobachtet, der sieht auch, wie der Hamster aus dem Rad herauskommt. Es gibt immer nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Elegante, indem er von selbst langsamer wird und von selbst aussteigt. Oder die Unelegante, indem er bei voller Geschwindigkeit abrupt aus dem Rad geschleudert wird und eine Bruchlandung hinlegt. Wie bei einem Burnout.
Viele Menschen kennen dieses Gefühl – als würde man durch den Tag, das Jahr, das Leben rennen. Man ist wie ferngesteuert. Selbst anhalten und aus dem Rad aussteigen schaffen die Wenigsten. Meist geraten wir in eine Abwärtsspirale bis “etwas Schlimmes passiert”. Und dann? Dann gleicht es oft einer Bruchlandung. Es tut weh, man liegt am Boden, ist wie benommen und versteht nicht. Hamster machen in dieser Situation das einzig Passende – sie steigen wieder ins Rad und rennen einfach weiter. Grundsätzlich ist das auch gut so, denn kennen wir nicht alle den Spruch “Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen”? Trifft nur eben nicht zu, wenn der Sturz auf Geist, Körper und Seele massive Auswirkungen hat. Wenn wir aus dem Hamsterrad geschleudert werden und eine Bruchlandung hinlegen, sind wir schon mitten im Burnout. Wäre es nicht besser, schon vorher etwas zu ändern?
“Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird.
Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden.”
Georg Christoph Lichtenberg
Was ist ein Burnout?
Burnout kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt “ausgebrannt”. In der Psychologie beschreibt man damit den Zustand des Ausgebranntseins, eine psychische und körperliche Erschöpfung. Wenn wir ausgebrannt sind heißt das im Umkehrschluss, dass wir in der Vergangenheit “Feuer und Flamme” waren. Wir haben für etwas gebrannt und nun ist das Licht, das Feuer in uns erloschen. Dauermüdigkeit, Krankheitssymptome, Konzentrationsschwäche, Lustlosigkeit, Demotivation sind nur einige Begriffe, die einen Burnout charakterisieren. Aber wie kommt es dazu? Und was können wir tun, damit wir selbst Kontrolle über die Geschwindigkeit und den Ausstiegsprozess aus dem Hamsterrad haben?
Als erstes muss man wissen, dass der Weg in einen Burnout durch eine Identifikation über Leistungsanerkennung geebnet wird. Loyalität zu einem Arbeitgeber ist durchaus positiv, kann aber auch ausser Kontrolle geraten. Nämlich dann, wenn das Streben nach Anerkennung der Hauptkatalysator für unser Tun wird. Nicht falsch verstehen – Anerkennung ist gut und wichtig. Seit der Urgeschichte müssen wir wissen, wo wir in der Gesellschaft stehen. Wer bei den Urmenschen nicht zum Clan gehörte, überlebte nicht. Denn der einzelne war nur dadurch geschützt, dass er Teil des Ganzen war. Und wer zum Ganzen gehören wollte, musste diesem auch etwas Gutes beisteuern. Eine sogenannte Win-Win-Situation. Beide Seiten hatten einen Nutzen davon. In der heutigen Arbeitswelt liegt der Gewinn aus einer übersteigerten Loyalität nur allzuoft nur beim Unternehmen.
Von Antreibern und Erwartungen
Wie schon gesagt, eine Identifikation über Leistungsanerkennung ist der Auslöser. Innere Antreiber lassen uns nicht “nein” sagen oder wollen es allen Recht machen. ‘Frühkindliche Konditionierung’ nennt man das. Wir haben unsere eigenen Glaubenssätze und die sind stärker als Beton, Eisen und Stahl zusammen. Und wir haben Erwartungen. Nun, dass ist eigentlich nicht ganz richtig. Es sind eher die Erwartungen der anderen, die wir zu kennen glauben und die wir zu unseren eigenen machen.
Kurzes Beispiel: Wir bekommen eine Aufgabe von unserem Vorgesetzten und ‘wissen’ sofort, dass diese umgehend erledigt werden muss, denn nur so ist er oder sie zufriedenzustellen, und genau das möchten wir ja erreichen. Wenn der Vorgesetzte zufrieden ist, dann ist er es auch mit uns und lobt uns ganz sicher. Dummerweise macht er beim Blick auf unser Werk weder einen zufriedenen Eindruck, noch lobt er uns. Offensichtlich haben wir nicht seine Erwartungen erfüllt (die Idee, dass etwas ganz anderes hinter seinem Verhalten steckt, kommt uns dabei nicht). Okay, beim nächsten mal machen wir es eben noch schneller und besser und überhaupt. Denn was wir wollen, ist Anerkennung. Wir wollen wissen, dass wir etwas gut gemacht haben und das es zum Wohle aller (oder auch nur des Vorgesetzten) ist. Nur so überleben wir, haben unseren Platz, werden nicht aus dem Clan verstoßen.
Im o.g. Beispiel wird es deutlich – eine innere Bewertung (ich war nicht gut genug/habe die Erwartungen nicht erfüllt) äusserer Stressoren (der Vorgesetzte schaut unzufrieden und lobt nicht) führt zu einer bestimmten Reaktion (beim nächsten mal mache ich es noch schneller und besser).
innere Bewertung auf äusseren Stressor = bestimmte Reaktion
Mit einem äusseren Stressor geht meist sofort eine innere Bewertung einher. Beides führt zu einer Reaktion. Je gestresster wir sind, desto schneller folgt die Reaktion auf den Reiz. Im Übrigen gilt das nicht nur im Bereich der Arbeitswelt, sondern ist eine grundsätzliche Definition. Sie ist anwendbar auch auf zwischenmenschliche Beziehungen oder eine bestimmte Rolle, die man in der Gesellschaft ausübt (z.B. Mutter sein).
Ziel der Burnout-Prävention ist es, mit Hilfe von z.B. Achtsamkeit, Mentaltraining, Entspannungstechniken, Stressmanagement usw. vom Reagieren wieder ins Agieren zu kommen. Entscheidend dafür ist Abgrenzung und eine ‘Nicht-Identifikation’ mit dem was ist.
Was will ich?
Was will ich nicht?
Warum tue ich etwas?
WER BIN ICH?
Auf diese Fragen gilt es Antworten zu finden. Damit übernimmt man Selbstverantwortung und Selbstkontrolle. Stehe ich zu mir und meinen Handlungen? Handle ich nach meinem Herzen? Nach welchen Werten lebe ich? Wichtig ist hier der Grad an Bewusstheit. Nur, wenn ich mir meiner selbst bewusst bin, meine Ziele klar vor Augen habe, kann ich agieren und wieder selbst die Zügel in die Hand nehmen. Denn dann treffe ich auch bewusste Entscheidungen und die lassen mich selbst die Geschwindigkeit im Hamsterrad drosseln und mich auch selbst aussteigen.
“Auch das größte Problem dieser Welt hätte gelöst werden können, solange es noch klein war.”
Laotse